Wiedererkennbarkeit dank Teflon-Ringen


Gießener Anzeiger vom 20.06.2014

Störche – In Lich und Hungen fühlen sich Tiere offenbar wohl / Jungtiere gekennzeichnet

Ganz wohl war den Jungtieren nicht, als die Drehleiter nach oben fuhr und plötzlich Menschen auf sich herabschauten.

LICH (atb). Nun haben sie Ringe – die Licher Störche. Am Dienstagabend wurden die Storchenkinder im Feuchtbiotop am Rande Lichs von NABU-Mitgliedern, der Feuerwehr sowie einem Beringer samt Assistent besucht. Udo Seum, Beringer und als solcher für die Vogelwarte Helgoland unterwegs, verpasste mit seinem Gehilfen Rolf Braun den drei Jungtieren einen individuellen Code. Doch ganz einfach war dies nicht. Denn die Störche hockten in ihrem Nest, viele Meter über dem Erdboden. Deshalb rückte die Feuerwehr eigens mit dem Leiterfahrzeug an. Stadtbrandinspektor Marco Römer steuerte die Leiter gemeinsam mit Zugführer Hans-Dieter Schnepf vorsichtig in Richtung des Storchenhorstes. Von unten verfolgten mit starken Ferngläsern Dr. Achim Zedler, Vorsitzender des NABU-Kreisverbands, und Klaus-Peter Emrich, Vorsitzender des Licher NABU, das Geschehen.

Der Beringer nahm die Tiere in Augenschein. Diese wehrten sich nicht, flatterten nicht und versuchten auch nicht zu flüchten. Er befestigte die Ringe, die, wie er erklärte, aus einer Art Teflon bestehen. Im Unterschied zum bisherigen Aluminium reinigt sich dieses Material, wenn die Störche etwa durch eine nasse Wiese gehen. Das Aluminium der früheren Ringe sorgte, wenn es etwa verkotet war, für Entzündungen. Die Buchstaben und Zahlen wie etwa „2X940″ sind für Laien zwar unerklärlich, sagen dem Fachmann aber immerhin, dass die Tiere für die Vogelwarte Helgoland beringt wurden. In Hungen gibt es, so erklärte Zedler, acht Storchenpaare. Einer der Störche, die aktuell in Hungen brüten, kam, so ging aus dem Lesen seines Ringes hervor, aus Lich. Ein anderer Storch, der in Hungen brütet, stammt indes aus Mecklenburg-Vorpommern. Ohnedies legen die Störche längere Wege zurück. Doch die Strecken werden immer kürzer – viele Tiere fliegen nur noch bis Spanien. Dass das mit dem Klimawandel zu tun hat, ist denkbar, aber noch nicht ganz klar.

In Fernwald oder Pohlheim werde man in naher Zukunft, so prognostizierte Zedler, nicht mit wachsenden Storchenpopulationen rechnen können, da dort die Landwirtschaft für die Tiere zu intensiv betrieben werde. In der gesamten Bundesrepublik leben rund 4000 Brutpaare des Weißstorchs. In Südhessen halten sich die meisten auf. Mit einer romantischen, in der Bevölkerung fest verankerten Vorstellung, räumten die anwesenden Fachleute auch auf „Der Storch ist nicht so sehr lebenslang an den Partner gebunden, wie man glaubt“, erklärte Zedler. Die Bindung habe das Tier zu den Horsten, besonders, wenn sie diese mit erfolgreicher Brut in guter Erinnerung haben.

Von unten aus beobachteten die Fachleute, was oben auf dem Horst geschah. Ein Tier bekam die Kombination „2X940″ verpasst (Fotos atb)