Gießener Anzeiger vom 05.04.2014
NATURSCHUTZVERBÄNDE Bei Hauptversammlung Fragen an Landrätin Schneider zu „Überschwemmung des Öko-Punkte-Marktes“
KREIS GIESSEN (tim). Der Vorsitzende des NABU-Kreisverbands Gießen, Dr. Achim Zedler, freute sich besonders, Landrätin Anita Schneider bei der Jahreshauptversammlung des Vereins in Ruttershausen begrüßen zu können. In einem Grußwort ging sie darauf ein, dass nach wie vor bundesweit täglich noch 74 Hektar Landschaft neu bebaut würden. Dies sei ein wichtiger Punkt, an sich dem der Naturschutz weiterhin einbringen müsse. „Die Ehrenamtlichen haben hier viel zu tun, aber auch die Politik ist gefragt – Stichwort Stärkung der Ortskerne“. Auch der Klimaschutz sei ein Thema, wobei sie anführte, dass man nicht nur über Strom und Stromgewinnung nachdenken dürfe, sondern auch über den Wärmebedarf. Hier gelte es, effizient mit der Energie umzugehen. Der Kreis habe ein Klimaschutzkonzept aufgestellt, um solche Fragen anzugehen. Auch solle man Energiegewinnungsformen finden, ohne dabei die Natur in Mitleidenschaft zu ziehen. So werde angestrebt, den Bioabfall aus dem Kreis trocken zu fermentieren und für Fernwärmeversorgung zu nutzen. Bei einer anschließenden Fragerunde ging Schneider darauf ein, wie Anträge auf Komoran-Vergrämung und auf Ökopunkte aus den „Kernflächen“ im Wald von der Kreisverwaltung gehandhabt werden. Da das Vorhaben von Hessen-Forst drohe, durch die Anerkennung der Stilllegungsflächen als Kompensationsmaßnahmen für Eingriffe den hessischen Ökopunktemarkt mit 1,8 Milliarden Ökopunkten zu überschwemmen. Schneider hielt die Einwände des NABU für nachvollziehbar, sagte aber, der Kreis sei durch eine Weisung aus dem Ministerium gehalten, Punkteanträge von Hessen-Forst anzuerkennen. Sie schlug eine Resolution an das Land vor, die sie auch unterstützen würde. Heiko Krämer, Vorsitzender der gastgebenden NABU-Gruppe Ruttershausen, stellte seinen Verein vor. Seit 1969 sei man im Naturschutz aktiv, betreue rund 300 Nisthilfen sowie ein Feuchtbiotop. Zu den jährlichen Veranstaltungen gehöre auch die Mitausrichtung der Zugvogelbeobachtung auf dem Altenberg. In seiner Jahresbilanz nannte Zedler die Herausgabe des 22. Vogelkundlichen Jahresberichts, die Errichtung von Weißstorch-Horsten, Stellungnahmen zu „Kernflächen“ im Wald, zu Windkraft, zur Landesgartenschau und rund 120 weiteren Planungen, Biotoppflegeeinsätze sowie den Kauf einer Wiese in der Lahnaue. Er sagte auch, dass man das umfangreiche Spektrum kaum noch vollständig bewältigen könne. „Wir müssen Prioritäten setzen, ansonsten könnten wir alle sozusagen Vollzeit im NABU arbeiten.“ Erfolgreich sei die Mitgliederwerbung verlaufen, sodass im Kreis nun rund zwei Prozent der Bevölkerung NABU-Mitglieder seien. Der Kreisverband ist deshalb zurzeit auch der mitgliederstärkste in Hessen.