Erste-Hilfe-Tipps für Igel


Gießener Anzeiger vom 18.10.2013

TIERSCHUTZ TierfreundLich: Nicht jedes im Spätherbst aufgefundene Stadtcheltier braucht zum Überwintern den Menschen

LICH (kr). Weil sich jedes Jahr im Spätherbst die Funde kleiner Igel häufen, hat der Tierschutzverein TierfreundLich Erste-Hilfe-Tipps zur Unterbringung und Versorgung von Igeln gegeben. Allgemein gilt demnach: Nicht jeder Fundigel ist hilfsbedürftig. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz gilt der Igel als besonders geschütztes Wildtier, dass nur dann in menschliche Obhut genommen werden darf, wenn es verletzt, hilflos oder krank ist. Als kurze Entscheidungshilfe, wann ein Igel wirklich menschliche Hilfe benötigt, geben die Tierschützer diese Hinweise: Wenn Igel tagsüber verletzt, krank beziehungsweise unterernährt aufgefunden werden, sind sie hilfebedürftig. Bei sehr kleinen Igeln unter 150 Gramm Körpergewicht sollte unbedingt nachgeschaut werden, ob noch weitere hilfebedürftige Geschwister da sind, da die Mutter unter Umständen tot ist.

Gesunde Igel haben glänzende Augen und eine feuchte Nase und sind an ihrer Umgebung interessiert. Die Körperoberfläche ist frei von Wunden und Entzündungen, die Körperöffnungen frei von Verschmutzungen und Sekreten. Kranke, verletzte und geschwächte Igel müssen immer beim Tierarzt vorgestellt werden. Igel mit Untertemperatur bitte auf eine körperwarme Wärmflasche von gut 40 Grad Celsius setzen, die mit Handtüchern eingewickelt wird. Infrarotlampen erwärmen die geschwächten Igel nach Erfahrung der Tierschützer zu schnell. Als Futter verwendbar sind Katzenfeuchtfutter, Quark mit hoher Fettstufe und Igelfutter. Süßmilchprodukte wie Milch, Sahne, Butter und Eis dürfen nie verwendet werden. Als Behausungen sind Eimer oder Ähnliches auch für kleine Igel ungeeignet. Ein großer Karton, eine große Katzentransportbox aus Plastik oder ein kommerzieller Käfig für Meerschweinchen oder Kaninchen sind erstmal geeignet.

Als Einstreu benutzen die Tierschützer selbst Kleintier-Einstreu, also Sägemehl und feine Holzspäne und darüber eine „Matratze“ aus Heu oder Stroh. Zeitungspapier ist zu unhygienisch für diesen Zweck. „Minis“ unter 150 bis 200 Gramm sollten erst einmal bei Zimmertemperatur untergebracht werden, außer bei „Goldenem Oktoberwetter“ mit warmen Außentemperaturen.

Haben Igel Zecken, sollen letztere mit einer Zeckenzange oder Pinzette entfernt werden. Bei Flohbefall sollten geschwächte Igel nur in körperwarmem Wasser gebadet werden, damit die Blutsauger abgespült werden. Bei Madenbefall ist der Gang zum Tierarzt nötig. Gesunde, stabile Igel können dort mit Ektoparasitika behandelt werden. Flohpuder ist für Igel schädlich und darf nie verwendet werden. Sind Igel von Lungenwürmern, Kokzidien, Rund- oder Plattwürmer befallen, dürfen sie nur vom Tierarzt entwurmt werden und nur, wenn sie sonst gesund sind. Geschwächte und dehydrierte Igel müssen vor der Entwurmung stabilisiert und aufgepäppelt werden. Igelsäuglinge sollten nach Möglichkeit nicht mit Antipara sitika behandeln. Wer keine Igelerfah rung hat, kann sich an die örtlichen Tierärzte, Tierschutzvereine oder den Nabu wenden. Trotzdem sollten die per Gesetz zuständigen Stellen (Regierungspräsidium und die für Tierschutz zuständige Veterinärbehörde nicht nur informiert, sondern auch zum Handeln aufgefordert werden, damit Hessen nicht Entwicklungsland in Sachen Tierschutz bleibt, wie TierfreundLich mitteilte.