Napoleon und der Licher Wald


NABU-Exkursion: Waldstillegung kontra Waldnutzung – Woher soll das Holz kommen?

Lich – 8. Juli 2023.


Die Folgen der Weltkriege haben den Licher Stadtwald mitgeprägt. Sogar Napoleons Spuren sind bis heute zu finden – und aktuell setzt der Klimawandel mit seiner Kette von Dürrejahren die großen Fragen. Lichs Stadtförster Uli Gessner führte auf Einladung des NABU Lich Interesssenten durch den Licher Wald. Und machte klar, dass es beim Thema Waldgesellschaft und -gesundheit eher um Jahrhunderte als um Jahrzehnte geht – der Bogen vom 18. Jahrhundert bis Übermorgen war schnell geschlagen: Auf Napoleons riesigen Bedarf an Kriegsschiffen geht zum Beispiel das massive Anpflanzen von Eichen zurück, die heute als 220-jährige Riesen Teile des Licher Waldbilds prägen.

(Foto: Brümmer)

Gessner zeigte in Zahlen und mit plastischen Beispielen auf, wie sehr uns Holznutzung täglich umgibt; und dass Holzersatz durch z.B. Metall, Kunststoff oder Beton, von Aluminium ganz zu schweigen, ein Vielfaches an CO2-Ausstoß bedeutet. Der Bedarf an Bauholz und Brennholz schnellte während und nach den Kriegen in die Höhe. Schnell wachsende und in Dürrejahren absterbende Fichtenplantagen zeugen heute noch davon. Doch der Bedarf bleibt: Wegen des besseren Wohnklimas und auch unter ökologischen Aspekten erlebt Holz im Hausbau seit Jahren eine Renaissance.
Doch woher kann all das Holz kommen? Natürlich war die Frage von Waldstillegung zur Verbesserung der Artenvielfalt Diskussionsthema der Exkursion. Im Licher Stadtwald seien bereits fünf Prozent der Flächen stillgelegt, berichtete Gessner. Und er wies darauf hin, dass Holz, wenn es nicht aus heimischen Wäldern kommt, aus entlegeneren Teilen Deutschlands oder gar aus Ländern wie Rumänien importiert werden muss. Diese Fragen, so sein Hinweis, können nur politisch geklärt werden. „Wir als Förster liefern Fakten und setzen politische Vorgaben um. Wir haben die Aufgabe, in diesem Rahmen unseren Wald gesund zu erhalten und an die extremen Probleme des Klimawandels anzupassen.“ Umweltverbände wie der Nabu wollen gerne mehr, zum Beispiel zehn Prozent Stilllegung.
Der Grundsatz in Lich sei, dass in mittelalten und alten Beständen „nur noch kranke oder sterbende Bäume“ gefällt werden, so Gessner. Damit sei das Einschlagziel von jährlich ca. 7000 Festmetern ohne Probleme zu erreichen. Seit 2018 gehe es dabei neben dem Nadelholz hauptsächlich um Buchen, sehr selten um Eichen, gelegentlich um Eschen oder andere Arten. Der errechnete jährliche Zuwachs insgesamt liege im Übrigen bei 9500 Festmetern, also wachse der Wald weiter an.
Ob Schäden durch Rötelmäuse, ob Wildverbiss, Vorkulturen, „Zukunftsbäume“ oder die richtige Baumart am richtigen Standort: Die Teilnehmer lernten an diesem Nachmittag eine Menge über die komplexe und spannende Arbeit des Försters und seinen Kampf um die Zukunft des Waldes. Und auch das: „Es gibt keine klimaresistente Baumart“, betonte Gessner. Verschiedene Arten könnten lediglich mehr oder weniger gut mit Dürre und Hitze klarkommen. Und dass es auf den passenden Standort und die richtige Mischung ankommt.